Montag, 25. Mai 2009

"Spy vs. Spy" wird in der NZZ zu "Bühler & Bühler"

Auf der Frontseite der NZZ am Sonntag gestern: Der Chef des Schweizer Geheimdiensts, a.k.a. DAP, Jürg Bühler diktiert dem NZZ-Schreiberling Stefan Bühler in den Notizblock:
Wir stellen eine Zunahme der Spionagetätigkeit gegen den Schweizer Bankenplatz fest.
Die Faktenlage, auf die sich der Artikel stützt und die den Titel
Ausländische Spione nehmen Schweizer Banken ins Visier - Bund verhängt Einreisesperre gegen 21 Diplomaten wegen Spionageverdachts
legitimieren sollte? Wie immer, wenn's um Geheimdienste geht: Sehr, um nicht zu sagen äusserst dünn! Die Banken? Sagen gar nix. Der Generalsekretär der Privatbankiers, Michel Dérobert? Bestätige, dass bezüglich vermehrter Spionage gegen Schweizer Banken "Gerüchte zirkulieren" – konkrete Fälle kenne er aber nicht. Peter Cosandey, "langjähriger Zürcher Staatsanwalt im Bereich internationale Rechtshilfe und Geldwäscherei, heute berät er Firmen bei der Verhinderung sowie der Aufdeckung von Wirtschaftsdelikten", also einer, der geschäftsmässig von Unsicherheit profitiert? Er sagt, "man hört, dass Unbekannte die Autonummern deutscher Kunden notieren." Ein anonymer, vermögenverwaltender Banker wisse von "zwielichtigen Figuren", die mitunter um Bankfilialen schlichen und Kunden fotografierten. Und derselbe Anonymus bestätigt, "dass wir wegen der Gefahr, abgehört zu werden, bei manchen Gesprächen ins Ausland Codes verwenden und keine Namen nennen". Dann sind da noch 21 "ausländische Personen", die nicht einreisen durften, "zum Schutz vor verbotenen Spionagetätigkeiten", wie im Rechenschaftsbericht 2008 des Bundesamtes für Polizei auf Seite 17 steht. Die NZZaS macht daraus 21 Diplomaten unter Spionageverdacht, 21 mutmassliche Spione. Aber weder Bühler noch Bühler sagen mit einer Silbe, die hätten etwas mit den Banken vorgehabt. Also auch Fehlanzeige!
Mehr ist da nicht drin in dem Artikel, Ehrenwort! Fassen wir zusammen: Eine brodelnde Gerüchteküche, angeblich Autonummern notierende und mutmassliche Steuerflüchtlinge knippsende Schlapphüte, die niemand wirklich gesehen hat, Auslandsgespräche führende Banker, die - als ganz grosse Schlaumeier! - mit Codes und ohne Namen der NSA ein Schnippchen schlagen wollen und da sind 21 russische Schussel, die sich so tapsig benehmen, dass die Grenzer sie beim besten Willen nicht durchlassen konnten (die tatsächlichen Spione, die's zweifelsohne gibt, sind inzwischen garantiert längst durch den Zoll): Courant normal allerorten! Keine besonderen Vorkommnisse! Null, nada, zero! Was war jetzt gleich die Geschichte??? Warum in aller Welt macht die NZZ am Sonntag auf der Frontseite auf mit dieser notdürftig zusammenschusterten, aufgeblasenen, faktenfreien, nur aus knapp lauwarmer Luft bestehenden Geschichte?
Und dass der Autor Stefan Bühler nicht erklärt, ob er er am Ende sogar mit dem DAP-Chef Jürg Bühler verwandt ist, hab ich gar noch nicht erwähnt. Das gehörte aber bei dem Thema wenigstens in eine Klammerbemerkung im Sinne von "(nicht verwandt mit dem Autor)" beim ersten Auftauchen von "Jürg Bühler". Sollten die beiden tatsächlich verwandt sein, was nicht auszuschliessen ist, und sie deklarieren es nicht, gehören beiden die Ohren langgezogen!
Verhelfen solche windelweichen Artikel zu "Besinnnung", "Einordnung" und "Ueberblick", von denen der Chefredaktor der NZZ am Sonntag, Felix E. Müller, in derselben Nummer auf S. 17 seines Blattes unter dem Titel "Nachrichten vom Tod der Zeitungen sind stark übertrieben" meint, dass sie nur die Sonntagspresse mit ihrer "Totalität der Leseerfahrung" ermögliche? "Stark übertrieben" ist anders! Vom Aufmacher der Sonntagsausgabe der NZZ erwarte ich härtere Fakten, tiefere Recherche und sauberere Arbeit.
Und dass die NZZ am Sonntag jetzt - als Musenalp-Express in Nadelstreifen - auch noch einen Liebesgeschichtenwettbewerb ausschreibt, ist nur eine weitere Etappe auf dem Weg des Blattes in die Belanglosigkeit. Schade!
Die SonntagsZeitung war gestern auch keine Alternative. Ihre Ekelstory auf der Frontseite von den pädophilen Vätern, die ihre Söhne im Kreis rum missbrauchen, macht mir Brechreiz, nicht Leselust! Und im SonntagsBlick? Breitet Hannes Britschgi auf der Frontseite aus, dass Pereira von Weisser ein Kind will. Muss man auch nicht wirklich wissen. Ich glaub, ich lass das mit dem Zeitunglesen wieder!

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