Montag, 16. November 2009

Kritiker des "Vorsorgeprinzips" hält keynote an Eröffnungssymposium des Schweizer Zentrums für Angewandte Humantoxikologie

Kommenden Donnerstag findet das Eröffnungssymposium des neu gestarteten Schweizerischen Zentrums für Angewandte Humantoxikologie statt in Genf (Programm, .pdf). Die Keynote hält Sir Colin Berry, ein offenbar prononcierter Kritiker des so genannten Vorsorgeprinzips. Formuliert in der Agenda21 der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio als:
Angesichts der Gefahr irreversibler Umweltschäden soll ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewißheit nicht als Entschuldigung dafür dienen, Maßnahmen hinauszuzögern, die in sich selbst gerechtfertigt sind. Bei Maßnahmen, die sich auf komplexe Systeme beziehen, die noch nicht voll verstanden worden sind und bei denen die Folgewirkungen von Störungen noch nicht vorausgesagt werden können, könnte der Vorsorgeansatz als Ausgangsbasis dienen.
Dieses Zentrum, insbesondere seine Unabhängigkeit, war hier schon verschiedentlich ein Thema. Vor diesem Hintergrund ist die Wahl Berrys als Keynotespeaker gleich am Eröffnungssymposium und mit dem Thema "Public mistrust, indifferent science and the problems for regulation" forschungspolitisch interessant. Vertritt er eine Haltung, mit der die Verantwortlichen des Zentrums sympathisieren? Hat er die Rolle des Agent provocateur, der alte Gewissheiten hinterfragen soll? Wird sein Publikum in Genf zustimmend nicken bei seiner Rede? Wird es kritische Rückfragen, vielleicht gar eine hitzige, kontroverse Diskussion geben? Man wüsst es gern. Vor 8 Jahren hielt Berry eine Rede über "Risk, science and society", die begann mit:
In the context of the safety of our day-to-day environment, we have become highly risk-averse. Our obsession with very small risks has reached a stage that results in damage to society. Further, the debate we have about these problems has a comparable value and intellectual content to the often-cited discussions in Byzantium about how many angels could dance on the head of a pin.
In einer ähnlichen Tonlage wird sein Vortrag am Donnerstag wohl auch liegen. Ueber ihre Aufgabe schreibt die Institution, die da u.a. mit Berrys keynote eingeweiht wird:
Our mission is to be the pioneer in Human Toxicology in Switzerland by carrying out essential research projects as well as providing educational and regulatory activities to help build a knowledge base on the subject.
Wie gesagt: Man wär gern am Donnerstag in Genf!

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