Dienstag, 9. Dezember 2008

UBS-Paket durchgewunken

Just for the record eine Art "Reader's Digest" Version der Debatte vom Montag im Nationalrat (SR am Dienstag):

Rechsteiner Paul (SP, SG): Das Paket zur Rettung der UBS ist ein Verfassungsbruch, wie ihn die Schweiz in der jüngeren Geschichte noch nicht gesehen hat.

Fässler-Osterwalder Hildegard (SP, SG): Keine Forderungen gegenüber Löhnen und Dividenden, keine Forderungen nach mehr Transparenz oder mehr Einfluss und Kontrolle des Geldgebers Staat bei der UBS. Nur ein äusserst bescheidenes Konjunkturpaket zur Ankurbelung der Realwirtschaft. 340 Millionen Franken will der Bund investieren, während andere Länder Milliarden sprechen. Dort geht man von 1 bis 2 Prozent des BIP aus, das wäre das Zwanzigfache.
Aber unser Rat verkleinert dieses magere "Päckli" noch um 20 Millionen Franken, nur weil ihm die Unterstützung des genossenschaftlichen und gemeinnützigen Wohnungsbaus nicht in den ideologischen Kram passt. Unsere Vorschläge und Forderungen werden allesamt abgelehnt, (...)

Pelli Fulvio (FDP, TI): Parteiideologisch motivierte Diskussionen über Alternativmodelle sind für die Galerie und schüren nur Misstrauen. Doch zu Misstrauen gibt es keinen Anlass. Statt wie im Ausland über Ankündigungspolitik Verunsicherung zu schaffen, haben Bundesrat, Nationalbank und EBK gehandelt. Dafür gebührt ihnen Lob und keine populistische Kritik. Unsere Institutionen haben den Stresstest bestanden. (...) Drittens ist das Rüstungsprogramm 2008 zu verabschieden. Diese 900 Millionen Franken sind wirksamer als künstliche Konjunkturprogramme und sichern Tausende von Arbeitsplätzen über mehrere Jahre.
Viertens: keine Geldverschwendung für Konjunkturprogramme! Dank der Finanzpolitik von Bundesrat Merz haben wir Munition gegen die Krise. Diese Munition darf aber nicht mit Konjunkturprogrammen wild verschossen werden. (...) Wir alle - Rechts und Links, Jung und Alt, Export und Binnenmarkt, Banken und Industrie -, sitzen im gleichen Boot.

Leutenegger Oberholzer Susanne (SP, BL): Herr Pelli, die UBS beansprucht 68 Milliarden Franken Staatshilfe. Sie lehnen konkrete Auflagen an die UBS ab. Die SP erhält zum Glück keine Beiträge von der UBS. Die SP erhält auch keine Unterstützungszahlungen von den Gewerkschaften. Wir sind auch bereit, unsere Parteifinanzen ganz offenzulegen. Meine Frage lautet: Wie viel Geld erhält die FDP jährlich direkt oder indirekt von der UBS?

Pelli Fulvio (FDP, TI): Frau Leutenegger Oberholzer, Sie haben ständig Ihre Parteikollegen angeschaut und nicht mich. Das bedeutet, dass Sie von diesen Leuten eine Antwort brauchen. (Heiterkeit)

Merz Hans-Rudolf, Bundesrat: Wenn wir den Weg demokratischer Entscheide hätten beschreiten müssen oder wollen, hätte es Auseinandersetzungen gegeben, es hätte keine homogene Willensbildung stattgefunden, (...) niemand hätte an diesen Unsicherheiten ein Interesse gehabt.
Wir glauben auch, dass der Bund als Aktionär einer Grossbank ungeeignet ist. Wir müssten ja diese Meinungsbildung mit dem Parlament zusammen vornehmen. Sie haben es heute ja selber erlebt: Sie sind ja alles andere als einig in der Beurteilung der wesentlichsten Fragen dieser Unternehmung. Ich glaube, dass das ein Politikum wäre, das letztlich nicht zum Ziel führte.
Angesichts dieser Lage hat der Bundesrat das Notverordnungsrecht in der Verfassung beansprucht, wobei er sich auf Artikel 184 Absatz 3 der Bundesverfassung beruft, wenn er sagt, hier gehe es um die Wahrung von Interessen des Landes. Er beruft sich zudem auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung, der ihm die Möglichkeit einräumt, durch eine Notverordnung eine ausserordentliche Lage zu bewältigen. Angesichts dieser Lagebeurteilung hat der Bundesrat von dieser verfassungsmässigen Möglichkeit Gebrauch gemacht. (...)

Fehr Hans-Jürg (SP, SH): Herr Bundesrat, (...) Können Sie hier und jetzt die Garantie abgeben, dass für den Fall eines zweiten Massnahmenpaketes nicht mehr der Weg des Notrechts beschritten wird, sondern der ordentliche Weg der Gesetzgebung und der Respektierung der Entscheidungsbefugnisse dieses Parlamentes?

Merz Hans-Rudolf, Bundesrat: Ich kann Ihnen diese Garantie nicht abgeben, weil ich nicht weiss, wie sich die Situation in concreto entwickeln wird.

Carobbio Guscetti Marina (SP, TI): Es ist nicht zu verstehen, warum die Finanzhilfe an die UBS nicht an klare Bedingungen hinsichtlich Lohn und Gewinnausschüttung sowie an ein klares Mitspracherecht geknüpft wird. Es ist inakzeptabel, dass weder der Bundesrat noch die Finanzkommissionen die Bundeshilfe an minimale Auflagen geknüpft haben. (...) Unsere Bedingungen sind klar: Jegliche Bonuszahlung an das Management sowie Gewinnausschüttungen an die Aktionäre sind solange einzustellen, wie die Bundessubvention an die UBS läuft.

Merz Hans-Rudolf, Bundesrat: Was die Dividende betrifft, glaube ich, dass man auch hier vorsichtig sein muss. Wenn man im Voraus sagt, dass die UBS für so und so viele Jahre keine Dividende mehr bezahlen darf, ist das ein sehr schlechtes Zeichen an den Aktienmarkt. Wir sind ja alle daran interessiert, diesen Markt nicht zusätzlich zu belasten. (...) Wir sollten hier nicht politisch eingreifen, sondern wir sollten es den Fachleuten überlassen und damit der Bank die Chance geben, dass dann, wenn sie wieder gut arbeitet, auch wieder eine Dividende herausschaut und sich der Aktienkurs wieder erholt.

Bäumle Martin (Grünlib, ZH), für die Kommission: Zuerst eine Vorbemerkung: In der Subkommission und in der Kommission wurde über alle diese Minderheitsanträge diskutiert. Die Kommission hat klar entschieden, dass sie dieses Paket nicht anreichern will mit politischen Wünschen, Ideen oder allenfalls Forderungen. Das Paket soll ganz klar als vertrauensbildende Massnahme verabschiedet werden.

Vischer Daniel (Grüne, ZH): Das ist eigentlich ein harmloser Antrag. Er sagt ja nur: Keine Parteispenden während der Laufzeit der eingegangenen Verpflichtung. (...) Ich bin erstaunt, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Dieser Antrag ist auch eine Lackmusprobe. Er zeigt nämlich, ob Sie von der CVP, FDP und SVP, die Sie Bedachte waren, bereit sind, sich durch die Unterstützung dieses Antrages diese Selbstbeschränkung während der Laufzeit dieser Verpflichtung aufzuerlegen. Wenn Sie diesen Antrag ablehnen, sagen Sie: "Das spielt überhaupt keine Rolle; selbstverständlich nehmen wir auch während dieser Verpflichtung das Geld der UBS; schliesslich sind unsere Parteikassen immer leer." Das ist ein Hohn! Es ist doch kein ernsthaftes Vorgehen, wenn das Parlament nun ein Paket schnürt und Sie uns sagen: Keine Auflagen!

Leutenegger Oberholzer Susanne (SP, BL): Im Vertrag ist jetzt eine minimale Verlustabsicherung vorgesehen. Resultiert ein Verlust, so besteht ein Anspruch auf 100 Millionen UBS-Aktien. Das sind bei den derzeitigen Kursen 1,4 Milliarden Franken. Das ist eine absolut ungenügende Sicherung, absolut ungenügend.
Es ist also nur selbstverständlich, dass diese Verlustabsicherung eine vollständige sein muss. (...) Ich möchte all denen, die heute lauthals verkündet haben, da würde es sogar noch einen Gewinn aus dem Geschäft geben, sagen: Wenn wirklich ein Gewinn resultiert, ist eine solche Verlustabsicherung doch überhaupt kein Problem, dann kommt sie ja nicht zum Tragen.

Merz Hans-Rudolf, Bundesrat: Wie es dann herauskommt, darüber haben wir heute keine präzisen Aussagen gemacht. Das ist auch nicht möglich, weil bekanntlich der Zeithorizont für diese Zweckgesellschaft bis zu 12 Jahren gehen kann. Wenn in der Vergangenheit in der Wirtschaft Krisensituationen aufgetaucht sind oder ein Stillstand eingetreten ist, dauerte es in der Regel einen Konjunkturzyklus, bis sich die Preise wieder erholt haben. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch und es gibt viele Gründe anzunehmen, dass es hier eine ähnliche Entwicklung geben könnte.
Deshalb wäre es völlig falsch zu sagen: Wir hebeln das System zum Voraus aus, indem wir den Verlust wieder mit UBS-Aktien ausgleichen. Ich bitte Sie deshalb, diesen Minderheitsantrag abzulehnen.


Über 60 Milliarden von der Exekutive mit Notrecht der UBS zugeschanzt. Die Legislative von der Rechten aktiv jeglicher Kontrollmöglichkeit beraubt. Dieselben Kräfte schmettern jeden Antrag auf Gegenleistung durch die Bank ab. Der Tagessieger ist: FDP-Chef Fulvio Pelli.

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